Tage des Lichts IV.
Ein Reisebericht von Ralf Wendling
Ausflüge in die Umgebung von Les Juliannes/Südfrankreich
Bizarre Eiswelt im Gorges d´Oulas
Eisige Kälte lässt meinen Auslösefinger beinahe an der Kamera festfrieren.
Das Lächeln der Sonne an diesem Februartag 2012 hellt mein Gemüt wieder auf.
Ein Katzensprung mit dem Auto ist die Tour zu der kleinen und zu jeder Jahreszeit immer wieder sehenswerten Schlucht des Oulas, der sich hier seinen Weg durch die grauen Schiefer der Monts-de-Lacaune in jahrmillionenlanger Schwerstarbeit gegraben hat. Im Süden Frankreichs, dem alten Katharerland in Midi-Pyrenäen gelegen, ist der Oulas ein naturbelassenes Gewässer, das nach nur wenigen Kilometern bereits in den Dadou mündet, der ebenfalls durch eine wilde und attraktive Schlucht fließt.
Ein Wasserfall, der aus rund 20 Metern herabstürzt, ist für mich ein magischer Punkt, sei es im Sommer zum Duschen oder nun, im Winter, als Objekt des Autors.
Der Eispanzer, der die Wassermassen „in Form“ gebracht hat, wirkt beinahe wie eine künstliche Verkleidung dieses ursprünglichen Stückchens Natur.
Die alte Mühle, die hier im schattigen Tal, am Ufer des Oulas, noch versehen mit den Zuläufen, den Rädern und der uralten Mechanik, vielleicht auf den wartet, der ihr die richtige Wertschätzung entgegenbringt, schläft den winterlichen Schlaf in aller Stille.
Ein Bussard kreist, schraubt sich in die Höhe und ich schaue ihm gebannt nach.
Mein Weg führt mich zu den Felswänden, geschmückt mit faszinierenden Eiskristallen.
Vor mir ein Amphitheater aus Eis, Stalaktiten und Stalagmiten so scheint es, denn nicht jeder Tropfen folgt wohl der Logik der Anziehung.
Ein kleiner Dom lässt mich tiefer hineinschauen, eine temporäre Grotte, vergängliche Kunstwerke, von der Natur geschaffen und, binnen Tagen, auch von ihr wieder genommen. Ich lege mich unter die riesigen Eislanzen, um diese eisige Reise auch intensiv im Bild festzuhalten. Die Sonne unterstützt mein Vorhaben, sie fordert mich auf, in die kristallene Welt hineinzukriechen und den Schatz des irisierenden Wintertheaters zu heben.
Kleine Pflanzenteile, vom Frost umschlossen, erinnern mich an Bernsteineinschlüsse, willkürliche Formen, so wie die Natur, die alles zulässt und nicht wertet, eben ist.
Eis und Blau?- Mal probieren, die Digitalkameras fordern einen ja geradezu auf, ein bisschen zu spielen.
So spaziere ich im Halbschatten der ruhigen Strasse an den Felsen entlang, jeder Meter fasziniert mich mehr, zieht mich in den Bann dieser Naturkunstwerke.
Sollte ich mir doch wünschen, der Winter währe ewig? – Besser nicht, sonst kommen einige Wissenschaftler mit ihrer „Klimaerwärmungstheorie“ noch ins Schwimmen und die Verkaufszahlen der einschlägigen Industrien brächen weg. Das will ich dann doch nicht. Ich schaue dem leidenschaftlich leise-mäandernden Flüsschen zu, das sich unbefangen sein Bachbett gräbt, teils bedeckt von den Eismassen und dann wieder schäumend und gurgelnd: Wild eben.
Die Sonne biegt um die Ecke, der Wind wird eisiger und ich begebe mich auf den Rückweg, es sind nur 2 Tälchen zu durchqueren, ein jedes mit neuen Gesichtern und den eisigen Zeugen des Winters.