Tanzania
Am dem Ende der letzten Reise wurde das Auto in Tanzania untergestellt. Dort erfuhren wir auch, dass nun eine neue Fähre über den Ruvuma das Land mit Mocambique verbindet. Damit lag nahe, dass dies unser nächstes Ziel in Afrika sein würde.
Von Dar Es Salaam aus führt eine nagelneue Teerstraße nach Süden, die bis km 80 nach Kilimahewa fertig gestellt ist. Dann sind es 51 km katastrophaler Piste bis Kibiti, für die man fast drei Stunden benötigt. Dieser Abschnitt soll bis Mitte 2003 geteert sein. Wieder folgt ein Abschnitt guter Teerstraße bis Ndundu. Die Brücke über den Rufiji ist gebaut, wird aber solange nicht frei gegeben bis der vorgenannte Streckenabschnitt asphaltiert ist. Der Verkehr wird kurz vorher zu einer Fähre abgeleitet. Die Überfahrt kostet für ein Auto 2000 Schilling. Nach dem Fluß sind die Bautätigkeiten im vollen Gange. Die ersten paar km führen über einen Damm durch eine sumpfige Senke. Dichte Miombo-Wälder säumen die Straße und hier und da zeugen Fußspuren, die die Straße queren davon, dass hier noch so mancher Elefant und andere großen Tiere in freier Wildbahn leben.
Rasch kommt man jetzt auf einer guten Allwetterpiste bis an den Fluß Matandu voran. Von da an wechseln sich Asphalt und Piste in unregelmäßigen Abständen bis 15 km hinter Mtwara ab. In der Stadt sollte man sich informieren wann Flut ist, da die Fähre über den Ruvuma nur dann geht. Die Zeiten kann man im Hafen oder bei den Benediktinern erfragen. Ihre Kirche ist genau gegenüber der Tankstelle in der Ortsmitte.
Kurz vor dem Flugplatz muss man links abbiegen. Die Straße windet sich über niedere Hügel durch endlose Cashewnussplantagen. Sie ist bis zur Grenzstation Kilambo (N 10°299 E 040°228) gut befestigt. Das letzte Stück führt in die Flußniederung hinunter. Es ist zwar ein Damm aufgeschüttet, aber in der Regenzeit ist es im Moment noch sehr schwierig zur Übersetzstelle (N 10°310 E 040°230) durch zu kommen. Am Flußufer gibt es keine Bäume mehr und man steht in der glühenden Sonne bis die Flut ihren Höchststand erreicht hat.
Die Fähre:
Sie war bis vor Kurzem noch in Deutschland in Betrieb und leistete ihre Dienste bei Erlen-bach am Main. Wegen einer neuen Brücke wurde sie eingestellt. Die Benediktiner liessen sie abbauen und nach Ostafrika bringen, wo sie wieder zusammengesetzt wurde. Damit konnte eine als historisch einmalig zu bezeichnende Angelegenheit in Gang gesetzt werden. Bislang gab es noch nie eine Ver-bindung zwischen Tanzania und Mocambique oder viel größer zwischen dem östlichen und südlichen Afrikarechts vom Malawi-See. Die Fähre hat europäischen Standart und kann bis zu 30 Tonnen tragen. Sie setzt in circa 15 Minuten über den hier fast zwei km breiten Strom. Die Überfahrt kostet 15.000 Schilling. Das entspricht ungefähr 15 US-Dollar. Noch vor wenigen Ausgaben konnten wir in der Tours lesen, dass andere in abenteuerlicher Weise hier an dieser Stelle über den Ruvuma gesetzt waren. Jetzt ist es für alle Reisenden möglich geworden, trockenen Fußes auf die andere Seite zu kommen.
Mocambique
Die ersten fünf km auf der anderen Seite haben es in sich. Fallen auch nur ein paar Tropfen Regen wird es schwierig sich durch den Sumpf und die tiefen Spurrillen zu kämpfen. Hier muss dringend etwas getan werden. Die Grenzstation (N 10° 42 E 040°228 auf Mocambique-Seite ist normalerweise von 07.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Allerdings hat man sich darauf eingerichtet, morgens auch eher abzufertigen, falls die Fähre auf Grund der Flut vor dieser Zeit geht. Wir werden freundlich empfangen und in wenigen Minuten sind die notwendigen Formalitäten erledigt. Für das Auto sind 5000 Meticais, die man problemlos schon in Tanzania gegen Schilling zum Wechselkurs 1:25 eintauschen kann, zu entrichten. Pro Pass sind es 50.000 Meticais oder 5 $ US. Der Zoll macht sich ein paar Notizen in einem dicken Buch und reißt den entsprechenden Abschnitt im Carnet de Passage ab. Die Spalte für die Einreise wird ausgefüllt, aber nicht gestempelt, da man keinen hat. Die Polizei hilft bei Nachfrage mit dem ihren aus.
Wir erkundigen uns wegen der Gefahr auf Minen zu fahren, die noch aus der Zeit des Bürgerkrieges überall im Land verstreut lie-gen. Es gibt welche, aber nicht in dieser Gegend, werden wir beruhigt. Bei Mueda drüben in den Makonde-Bergen soll es welche geben, aber die Stellen sind gekennzeichnet und so können wir uns beruhigt auf den Weg machen. Die winzige Piste ist auf den nächsten Kilometern bis Quionga als abenteuerlich einzustufen, aber durchaus befahrbar. Es geht fast ausschließlich auf einer schmalen sandigen Spur durch den dichten Busch. Lediglich an den Steigungen ist sie ein wenig ausgewaschen. Die Gegend ist so gut wie gar nicht besiedelt. Alle paar Meter kreuzen Tierspuren den Weg und liegen dicke Kothaufen von Elefanten. Würde jetzt einer der Dickhäuter aus dem Busch brechen, man hätte keine Chance ihn rechtzeitig zu sehen und zu bremsen.
In Quionga werden wir herzlich empfangen. Die Kinder des kleinen Dorfes laufen laut grölend neben dem Auto her. Die Ortschaft liegt über einer kleinen Lagune und von der Polizeistation aus hat man einen tollen Blick zwischen den Palmen hinaus. Ab hier wird die Piste breiter und die folgenden 22 km bis Palma können zügig gefahren werden.
Unser Ziel ist Ihla de Mocambique, das 730 km südlicher liegt. Bis Pemba ist es noch eine Allwetterpiste in wirklich vorbildlichem Zustand und dann beginnt das Teerband, das je weiter wir südlich kommen immer breiter und komfortabler wird. Zeitweise ist es sogar mit weißen Mittel- und Randstreifen ausgestattet. In Mocimboa de Praja gibt es die ers-te Tankstelle. Der Diesel ist in Mocambique circa 30 % billiger als in Tanzania. Außerdem ist die Ortschaft mit ein paar Läden, einer Bäckerei und einem netten kleinen Restaurant am Meer, in dem man Fisch und alle erdenklichen Meeresfrüchte bekommen kann, ausgestattet. Wer Wert auf etwas mehr Tourismus, Badestrände, einem guten Hotel und Tauchen legt, sollte Pemba besuchen, das von der Hauptstrecke nur eine knappe Stunde entfernt liegt.
Vor uns tauchen südlich des Rio Lurio einzelne Berge auf, die im Gegenlicht und in ihrer Art an das Hoggargebirge in Algerien erinnern. Nur ragen sie hier nicht aus der Wüste, sondern aus dichten Busch auf. Sie erreichen Höhen von bis zu 1.400 m, so dass sie aus der nur ca. 300 m hohen Ebene weithin sichtbar sind.
Ihla de Mocambique
In Monapo biegt eine schmale anfangs von unzähligen Löchern durchsetzte Teerstraße zur 101 km entfernt gelegenen Küste hin ab, die in Ihla de Mocambique endet, das zum Weltkulturerbe erklärt worden ist.
Am 1. März 1498 landete hier Vasco de Gama und setzte als erster Europäer seinen Fuß auf die Kisuaheliküste. Schon 1508 began-nen die Bautätigkeiten für das gewaltige Fort Sao Sebastiao mit seinen zwölf m hohen und 750 m langen Mauern, das nach nur drei Jahren fertiggestellt war und in dieser Zeit pro Jahr 50 - 60.000 Sklaven das Leben gekostet hatte. Die gewaltigen Granitblöcke wurden aus Portugal als Ballast für die Schiffe mit hierher gebracht. Es war eine uneinnehmbare Festung, die größte und bedeutenste an der gesamtem ostafrikanischen Küste, geworden. Die vier Türme, von denen drei in Richtung Meer sichern und einer die Insel und das Festland überblickt, haben allen Versuchen von Holländern und Arabern wider-standen, die Zitadelle einzunehmen. In ihr fanden 2.000 Soldaten Platz, waren 400 Kanonen aufgestellt und die Zisterne fasste sieben Millionen Liter Wasser.
Das Fort liegt an der Spitze der ca. drei km² großen Insel, die dem Festland vorgelagert ist. Ihla de Mocambique kann heute über eine schmale einspurige Brücke, die fast zwei km lang ist, erreicht werden. Dafür wird eine Gebühr von 10.000 Meticais (ca. 43 Cent) erhoben. Hier ist das Volk der Makua beheimatet, das in der Hauptsache vom Fischfang lebt. Bei Ebbe kann man zu Fuß zur Insel laufen und das Wasser reicht an der tiefsten Stelle gerade mal in Brusthöhe. Zahlreiche Menschen tun dies und ziehen die im Wasser leichteren Lasten hinüber.
Die Insel gleicht einem einzigen Museum. Die Bauten der Kolonialzeit prägen das Bild. Aller Orts ist man damit beschäftigt der Stadt ein neues Bild zu geben. Die Zitadelle, die Kirchen, der Palast des Sultans und andere wichtige alte Gebäude werden renoviert. Im Schatten riesiger Bäume ist ein nagelneues Hotel entstanden und im Sultanspalast wur-den alle Schätze Mocambiques zusammengetragen. Die Führung ist kostenlos, aber am Eingang steht ein Kasten, in den man eine freiwillige Spende einwerfen kann. Man wähnt sich in die Vergangenheit zurück versetzt. Die Räume sind in hervorragendem Zustand und bis ins Detail liebevoll ausgeschmückt. Wandelt man durch die angenehm kühlen Räume, glaubt man den Geist der damaligen Zeit zu spüren. Schätze, deren Wert nicht in Zahlen auszudrücken ist, werden dem Besucher dargeboten: Schränke, Tische und Stühle aus den edelsten Hölzern reich verziert und mit Intarsien aus Elfenbein versehen. An den Wänden gut erhaltene Gemälde der portugiesischen und arabischen Adeli-gen. Tafelsilber. Vasen und Schmuckstücke aus allen Teilen der Welt zeugen von den Handelsverbindungen dieser Epoche.
In manchen Augenblicken fehlt nur, dass die Türe aufgeht und die dazu gehörenden Personen eintreten. Manche Räume vermitteln den Eindruck, sie seien bewohnt und man ist nur mal eben raus gegangen. Die prachtvolle Kirche, die direkt mit dem Palast verbunden ist, zeugt davon, dass in jener Zeit das Christentum eine wichtige Rolle gespielt haben muss. Im von Arkaden umgebenen Innenhof sind Kanonen verschiedenster Bauart neben Fischerbooten aus Fell, Einbäumen und einem Landungsboot der Portugiesen ausgestellt. Selbst von diesen Rikschas, die es bis 1973 zuhauf gab, sind noch welche vorhanden. Sie waren ja von der FRELIMO verboten worden, da ein freier Bewohner eines freien Mocambique nicht länger die Rolle eines Zugtieres spielen sollte. Man hat sich alle Mühe gegeben, die Geschichte dieses Ortes eindrucksvoll wiederzugeben.
Im Nu sind Stunden vergangen und die Sonne schickt sich an, im Meer zu versinken. Wir gehen an das Wasser hinunter und setzen uns an den langsam vor sich hin rostenden Landungssteg. Die Flut steigt und ein kühler Wind erfrischt. Einige junge Männer durchsieben den Sand vor der Festung und wir erfahren, dass sie nach Glasperlen suchen, die hier selbst nach so langer Zeit noch Tag für Tag angeschwemmt werden. Andere wiederum kaufen sie auf und machen Ketten daraus, die sie den jetzt immer öfter - vor allem aus Südafrika - auftauchenden Touristen anbieten. Für nur ungefähr zwei Euro wechseln sie den Besitzer und werden zu einem authentischen Souvenier.
Daneben haben Fischer ihre riesigen Netze zum Trocknen ausgebreitet und bessern schadhafte Stellen aus. In den Einbäumen wird gerade frisch der Fang des Tages herein gebracht. Dem Auge bietet sich ein Spektakel der Vielfalt und Farben. Meterlange Barracudas, Thunfische, Haie, Papageifische, Redsnapper, und Kingsfish, um nur einige zu nennen, liegen neben Garnelen, Krebse, Tintenfischen und Hummer in allen Farben des Regenbogens. Unvorstellbar gering sind die Preise. Für ein Kilogramm Garnelen müssen gerade Mal 40.000 Meticais (keine zwei Euro) auf den Tisch gelegt werden. Damit wäre dann auch das Abendessen gesichert.
Am Strand befinden sich einige Dhaus im Bau. Ihre Gerüste ragen in den Himmel und wir können die hier noch erhaltene Handwerkskunst dieser Art von Schiffsbau beobachten. Egal, wo wir entlang kommen, heben die Kinder den rechten Daumen und strahlen uns begeistert an. Die kleinsten unter ihnen rufen mit den Händen winkend "dada, dada" und freuen sich, wenn wir das erwidern. Wir werden im ganzen Land nicht ein einziges Mal belästigt. Es macht einfach nur Spaß hier Gast sein zu dürfen.
Wir erreichen den Marktplatz. Dort steht das überdimensionale Standbild des Vasco de Gama, der auf das Meer hinaus blickt. Zu seinen Füßen spielen ein paar Kinder. Von hier aus schlendern wir zum Auto zurück und besuchen als Letztes den Friedhof, der sich unmittelbar neben der Brücke befindet. Zahlreiche Grabsteine belegen die Zeit der Kolonialherren. In Prunk aus Marmor wurde den Toten die letzte Ehre erwiesen. Die Sonne steht jetzt kurz über dem Horizont und wir wollen auf das Festland zurück. Gleich am Ende der Brücke ist auf der rechten Seite ein kleiner Campingplatz angelegt, der mit Dusche, Toiletten und einem kleinen Restaurant ausgestattet ist. Es gibt sogar kleine Hütten zu mieten. Wir bevorzugen aber der Hitze wegen das Zelt. Das Wasser ist gute 28° C warm und glasklar. Als wir wieder heraus kommen, ist die Sonne unter-gegangen und die Luft kühler als das Meer.
Morgen müssen wir uns leider auf den Rück-weg nach Tanzania machen. Ich bin noch nie gerne die gleiche Strecke gefahren, aber die Erinnerungen an diesen wundervollen, auch ein wenig mystischen Platz in Afrika werden die Zeit schneller vergehen lassen. Der Ausflug hat sich auf jeden Fall gelohnt. Nirgend-wo in Süd-, West- oder Ostafrika konnte ich bisher so gut renovierte Bauten seiner Vergangenheit oder ein derart liebevoll gestalte-tes Museum, in dessen Inneren leider Fotografierverbote besteht, bewundern.
Es hat den Anschein als habe Mocambique seinen Weg gefunden. Straßen im hervorragenden Zustand und eine durchaus als gut zu bezeichnende Versorgungslage in den bereisten Gebieten bereiten dem Besucher einen angenehmen Aufenthalt, der von der unkomplizierten und offenherzigen Freundlichkeit seiner Bewohner unterstrichen unvergessen bleiben wird.