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Reisebericht: Abenteuerreisen Patagonien (Argentinien) Andenhochland Atacamawüste (Chile)

Fidinews März 2010

erstellt um 23:53 Uhr am 28.05.2010

Seit November 2009 ist so einiges passiert!

Aussergewöhnliche Situationen zwangen uns mehr als üblich zu improvisieren.

 

1. Patagonien ohne Sommer – eine Saison des Regenbogens

2. Silvester in Mitten von nichts – ein Jahresbeginn wie es noch nie einen gab

3. Erdbeben und Tsunami

4. Unsere nächsten Touren

 

1. Patagonien ohne Sommer – eine Saison des Regenbogens

Bald fanden wir nur einige 100 km südlich schon die kühleren Gegenden in Patagonien, wohin wir von der ungewöhnlichen Frühlingshitze in Mendoza geflüchtet waren. In den Anden lag noch sehr viel Schnee, viele Pässe in Nordpatagonien waren noch geschlossen. Die Flüsse hatten noch kein Schmelzwasser und waren klar. Regen, Gewitter und Nieselregen waren fast jeden Tag in Sicht, der sehr oft fehlende patagonische Wind wurde durch viele Regenbogen abgelöst. Die Temperaturen stiegen auch in Nordpatagonien den Anden entlang kaum über 15 Grad, nachts kühlte es sehr oft auf 5 Grad ab, was grundsätzlich für diese Jahreszeit 10 Grad zu wenig waren. So zog es sich durch – ob Argentinien oder Chile -  bis hinunter nach Punta Arenas, wo die Tagestemperaturen kaum mehr als 7 Grad erreichten. Unsere Gäste der Patagoniertour Nord-Süd und Süd-Nord konnten kaum glauben, dass man in dieser Gegend einmal die Shorts und Badehose auspacken könnte oder sich in den Schatten verkriechen müsste, sich vor dem patagonischen Wind in Acht nehmen müsste, es fliegende Insekten geben könnte und das Pampagras je gelb werden könnte, Lupinen, Ginster, Goldknöpfe und Orchideen blühen würden. Es war einfach alles sehr grün, feuchte Luft und kalt. Die Vegetation war 1 Monat verspätet, in höheren Lagen sogar bis zu 6 Wochen. Desto farbiger fielen bei den Sonnenabschnitten die Fotos aus, umsomehr dann noch ein Regenbogen im Spiel war. Es war alles anders als sonst!


Trotzdem hatten wir auf beiden Touren wettermässig unwahrscheinliches Glück. Die Zeltübernachtungen gelangen alle bis auf zwei auf der Nord-Süd Variante. In Esquel verkrochen wir uns in eine Hütte und am Rio Cisne wurden wir mit Minustemperaturen und Schnee bis in die Niederungen beglückt. Die Zelte haben wir dann in der nächsten Hütte in Coyhaique getrocknet.

 

 

Für die Carretera Austral hatten wir auf der Nord-Süd Route ein Zwischenhoch erwischt. Der bekannte Schlossberg „Cerro Castillo“ wollte sich jedoch nicht zeigen. Am Lago Carrera in Puerto Sanchez hatten wir schönstes Wetter für den Bootsausflug zu den Marmorfelsen. Die Tour Süd-Nord durfte hier den Regen des Jahres erleben, sodass einige der Gruppe unruhig wurden, ob wir jemals wieder von diesem Nest wegkommen würden.


Der nächste Morgen zeigte sich jedoch gnädig für die Marmorfelsen. Torres del Paine Nationalpark war auf der Süd-Nord Variante super, die Türme zeigten sich in schönstem Weiss, auch das kontinentale Eisfeld war gut zu sehen. Regenbogen krönten die Sicht.


Am Lago Grey waren nur Eisschollen in weiter Ferne zu entdecken. So taten wir es einigen Chilenen gleich, die ebenfalls ihren Whisky mitgenommen hatten und heuerten die Besatzung eines Ausflugsbootes an, uns etwas Eis von der fernen Eisscholle zu besorgen. Das Entgelt dafür war klar, die Besatzung durfte mittrinken. Der Whisky on the Rocks mit millionenjahrealtem Eis war gerettet.

 


Eine Wiederholung gab es dann im Entdeckertal, wo vom Gletscher des San Valentin Eisfeldes, welches zum kontinentalen nördlichen Eisfeld gehört, die Eisschollen im Gletscherfluss lagen. San Valentin zeigte sich an diesem Tag zeitweise wolkenlos, was wir noch nie gesehen hatten.

 

2. Silvester in Mitten von nichts – ein Jahresbeginn wie es noch nie einen gab

Frischen Mutes brachen wir in Cochrane nach unserem Einkauf für Silvester und Neujahr auf Richtung Süden. Nichts aber auch gar nichts deutete auf irgendwelches Unwohlsein von unserem Fidibus. Er schnurrte wie immer genüsslich dahin. Entweder hatte Fidi die Schnauze voll von dem vielen Regen, oder wollte auch wieder einmal in wärmere Gegenden gefahren werden. 70 km südlich von Cochrane konnte Rolf kein Gas mehr geben, auf dem Armaturenbrett brannte ein Licht „SES“ (Service Engine Soon) und der Motor starb ohne zucken ab, als ob er einfach abgestellt worden wäre. Dies am zweitletzten Tag des Jahres. Fragend blickten wir uns an – Kabelbruch, verstopfter Dieselfilter, Wasser im Diesel, etc. ? Da Mittagszeit war, machten wir eben auf der Piste (Carretera Austral) Pause. Essen mochte jedoch niemand so richtig. Wir überprüften alle uns bekannten Möglichkeiten, prüften die Dieselpumpe, wechselten den Dieselfilter, rüttelten an den Kabeln und griffen dann verzweifelt nach der Droge Äther, was jedoch nur ein kurzes Aufheulen des Motors bewirkte. Globetrotter kamen des Weges und konnten uns leider auch keinen Tip geben, alle halbe Stunde mal kam ein Fahrzeug in die eine oder andere Richtung vorbei, deren Insassen wir baten, uns einen Mechaniker oder Abschleppdienst zu besorgen, was natürlich am 30.12.09 etwas viel verlangt war, da alle zu ihren Familien unterwegs waren. So entschlossen wir uns nach einigen Stunden, unsere Gäste mit der nächsten Gelegenheit in die reservierte Hosteria in Caleta Tortel (südamerikanisches Venedig) weiterziehen zu lassen, damit sie am nächsten Tag mit einem improvisierten Taxidienst nach Villa O’Higgins weiterkommen konnten, vonwo sie den Bootsausflug zum gleichnahmigen Gletscher und den Ritt bis nach El Chalten plangemäss unternehmen konnten. In Chalten wollten wir uns dann wieder treffen, bis dahin sollten wir das Problem in den Griff bekommen haben, glaubten wir jedenfalls.

Bald hatten alle das Nötigste für die nächsten Tage gepackt und standen zum Abtransport bereit. Das Glück hatte uns nicht ganz verlassen und ein netter Chilene kam des Weges und hatte Platz für alle 4. Er stellte sich dann auch für den improvisierten Taxidienst am nächsten Tag zur Verfügung. Soweit war die Tour gerettet. Rolf und ich hatten ein ziemlich grossen Problem zu lösen.

Am nächsten Tag stoppten wir den öffentlichen Bus Richtung Cochrane. Ich fuhr mit, um einen LKW zu organisieren. In Cochrane wurde ich dann nach 1 Stunde suchen fündig und fand „Nene“ mit seinem uralten Merzedes Holzlaster. Er war bereit uns noch in der Silvesternacht nach Cochrane zu holen, wo wir mehr Möglichkeiten hatten, die Ursache des Problems zu lokalisieren (Internet – Mobilfunk). Mit einer Zugstange schleppte er uns ab, Rolf steuerte ohne Servolenkung und ohne Bremshilfe. Kurz vor Mitternacht trafen wir in Cochrane ein, stoppten und begossen das neue Jahr mit unserem Champagner. Bei Nene’s Haus stellten wir Fidi ab und fielen todmüde ins Bett.

 

Der Mechaniker in Cochrane konnte uns auch nicht helfen, im Gegenteil, er hat uns noch eine Dieselleitung abgebrochen. Das Auswechseln der Hochdruckpumpe hatte gar nichts gebracht. Fidi rührte sich nicht. Nene war bereit uns auf seinen Holzlaster zu laden und zum 350 km entfernten Coyhaique zu fahren, wo wir mehr Chancen hätten, da es dort Werkstätten geben würde, die sich mit elektronischen Motoren eher auskennen würden. Wir hatten keine bessere Alternative und verluden Fidi über eine Rampe auf den Holzlaster. Der geladene Holzlaster hatte nun eine Fahrzeughöhe von 4.40 m. Zum Glück gab es keine Brücken und auch keine tiefliegenden Äste. Bei der Durchfahrt durch Cochrane mussten wir noch einige Stromkabel mit einer Stange über Fidi hinwegheben. Die Fahrt nach Coyhaique dauerte 22 Stunden (Höchstgeschwindigkeit 30 km/h, Mindestgeschwindigtkeit Schritttempo). Am 2. Januar wurde in Coyhaique wieder gearbeitet. Die Werkstätte, wo Fidi abgeladen wurde, konnte uns auch nicht helfen. Endlich hatten wir unsere Bekannten in USA erreicht. Neben dem Hauptcomputer gab es noch einen Einspritzcomputer. Den zu finden war für sich ein Abenteuer. Wir hatten beide Geräte als Ersatz dabei. Aber wo sass das Ding? Nach verschiedenen Telefongesprächen war dann kurz vor der Mittagspause klar, wo der Einspritzcomputer im Fahrzeug montiert war. Es war die halbe Karosserie beim linken Coteflügel abzubauen, um zu diesem Ding zu kommen. Kaum gewechselt sprang Fidi auf den ersten Kick auch wieder an, das „SES“-Licht ging jedoch nur kurz aus und kam wieder. Beim Testfahren stellten wir fest, dass wir mindestens 20% weniger Power hatten, da musste noch etwas anderes sein. So konnten wir die Tour nicht zu Ende fahren und mussten das erste Mal in 13 Jahren eine Tour vorzeitig abbrechen. Das Gepäck unserer Gäste haben wir nach Punta Arenas versandt, unsere Gäste haben die Tour auf eigene Faust zu Ende gemacht.

 

Wir fanden dann in der Ford-Vertretung in Punta Arenas heraus, dass die Einspritzdüse Nr. 8 zu wenig Strom bekam. Nach und nach fielen auch die anderen Einspritzdüsen der rechten Zylinderbank aus. Fidi lief nur noch auf 4 Töpfen und schüttelte sich ganz ordentlich. Wie wir via Internet-Dieselforum herausfinden konnten, lag das Problem unter dem Ventilabdeckhaube und heisst UVCH Issue (Under Valve Cover Harness Issue = Kabelunterbruch unter der Ventilabdeckhaube), ist in USA seit Jahren bekannt und Ford hat dafür ein Ersatzteil (Retainer-Clip = Clip zum Zusammenhalten der Stecker) entwickelt, nur weiss in Südamerika auch bei einer Ford-Vertretung niemand etwas davon. Der Stecker war mindestens 10 mm lose, da kann natürlich kein Strom mehr fliessen – logisch.


Fidi hat nun den Clip installiert bekommen, hat wieder die ursprüngliche Kraft und soetwas sollte uns nie mehr passieren, sonst wissen wir woran es liegt. Wir werden hier noch zu Spezialisten.

 

3. Erdbeben und Tsunami

Soviel Glück auf einmal kann man nur einmal im Leben haben. Pannenfrei und erfolgreich hatten wir die Patagoniertour Süd-Nord in Concepcion (Chile) beendet, waren noch alle zusammen essen und verabschiedeten uns von unseren Gästen am 26.2.10 morgens am Flughafen in Concepcion. Die Welt war völlig in Ordnung, Fidi musste zum üblichen Service und danach wollten wir Richtung Norden weiterziehen.

Wir übernachteten an unserem beliebten Platz auf einer Mole am Fischerhafen in Talcahuano. Robben, Pelikane und tausende von Möven umkreiseten die Fischerboote, die voll beladen auf ihre Abfertigung an Pier warteten. Die Fischer tranken morgens um 2 Uhr noch Bier oder vielleicht war es auch Pisco und sangen dazu Lumpenlieder. Wir konnten nicht schlafen und wollten wegfahren. Doch die Fischer beruhigten uns, dass sie nun sowieso gehen würden und wir hier ruhig weiterschlafen könnten. Bald waren wir auch eingeschlafen, als plötzlich ein heftiges Rütteln uns weckte. Ein dumpfer bedrohlicher Ton dröhnte in unseren Ohren. Das Rütteln wurde so heftig, dass wir zuerst glaubten, jemand fahre mit unserem Fidi mit uns drin weg. Es wurde immer stärker. Endlich hatten wir kapiert, was da vor sich ging. Ein Erdbeben und zwar sehr heftig. Es kam uns vor wie 5 Minuten (es waren 90 Sekunden). Wir konnten kaum aus unserer Koje kriechen, so rüttelte es nach allen Seiten. Kleider anziehen war schon eine Kunst. Alles festmachen, raus aus dem Fidi. Mit der Taschenlampe konnten wir die tiefen Risse im Boden rund um den Fidi erkennen. Nur weg hier. Alarmanlagen dröhnten, Staub lag in der Luft, heftige Motorengeräusche von Autos und Schiffen waren zu hören. Tsunami war unser nächster Gedanke. Nur ein Hügel konnte uns retten. Die Strasse gab es noch. Rechts und links lagen eingestürzte Häuser und Mauern. Wir fuhren wie andere zum nahen Marinestützpunkt. Dort gab es eine Strasse auf den 130 m hohen Hügel. Das Gebiet wurde vom Militär sofort für öffentlichen Zugang geöffnet.  Nichts wie rauf. Die Stadt lag im Dunkeln. Nur noch vereinzelte Lichter. Völlig gestresst kamen wir oben auf 130 m an und parkten Fidi zusammen mit anderen Fahrzeugen. Die Leute, die hier oben wohnen, waren aus den Häusern in ihr Auto geflüchtet. Das Radio verkündete fatalerweise, dass keine Tsunamigefahr bestehen würde. Das war der grösste Irrtum, den die chilenische Regierung in dieser Katastrofe begangen hat. Wir konnten diese Meldung nicht verstehen. Bei so einem starken Erdbeben (8.8) nahe der Küste gibt es einen Tsunami. Grosse Frachter hornten wie wild, um offenbar von dem herannahenden Tsunami zu warnen. Bald hörten wir das metallische Geräusch und die Wellen (3 x 10 m) über Talcahuano und Concepcion hereinbrechen. Danach war komplette Stille und alle Lichter waren ausgegangen.



Bei Tagesanbruch sahen wir fassungslos zusammen mit anderen Leuten das Ausmass der Katastrofe, Container schwammen im Meer, Schiffe lagen gekentert, Fischerboote lagen auf den ehemaligen Strassen, Häuser und Mauern waren eingebrochen, Autos lagen kreuz und quer am Ufer, etwa so wie man Bilder von schweren Hurricanes kennt.

 

Wie kommen wir wieder von diesem Hügel hinunter? Gibt es noch eine Strasse nach Argentinien?

Ein chilenischer Tourist, der mit seinem Allradfahrzeug hier in den Ferien war, wollte auch in den Norden. Er kannte sich gut aus. Wir folgten ihm über Nebenpisten vom Hügel hinunter über ein Industriegebiet bis zur Verbindungsstrasse, die zur Panamericana führt. Immer wieder gab es kurze schwache Rüttler. Die Panamericana war in einem sehr schlechten Zustand, Brücken fehlten, mussten umfahren werden, Asphalt aufgerissen, bis zu 1 m breite und metertiefe Spalten in der Strasse. Endlich schafften wir es bis in die Nähe von Talca. Es gab nirgedwo Diesel, kein Strom, kein Wasser. Am nächsten Tag hatte eine Tankstelle in San Javier geöffnet und wir konnten bunkern, damit wir es bis zur Grenze schaffen konnten, falls es nichts mehr geben sollte. Am übernächsten Tag gab es dann Wasser und teilweise auch wieder Strom, Die Altstadt von Talca ist komplett zerstört. Es steht keine einzige Kirche mehr. Die Neusiedlungen in Talca sind grösstenteils unbeschädigt geblieben. Immer wieder heftige Nachbeben stressten die Leute und auch uns.


Nach einer Woche hatten wir es dann geschafft. Nach einem kurzen Abstecher noch in Santiago standen wir endlich an der argentinischen Grenze bei der Abfertigung in Las Cuevas. Es kommen uns 5 Lastwagen aus San Juan mit Hilfsgütern für Chile entgegen.

Auch in Argentinen hatte es immer noch Nachbeben. Auch Mendoza blieb nicht verschont, hatte jedoch praktisch keinen Schäden zu melden.

Es war das drittgrösste Erdbeben der Welt seit Messungen gemacht werden.

Im Katastrofengebiet haben viele Leute heute noch immer keine Unterkunft, kein Wasser, kein Strom, keine Kleider – einfach nichts.

In Buenos Aires wurde kürzlich ein Rockkonzert veranstaltet zu Gunsten der Katastrofenopfer in Chile und dabei wurden 7 Lastwagen mit Hilfsgütern wie Kleider, Nahrungsmittel, Mineralwasser gesammelt, die sofort Richtung Katastrofengebiet unterwegs waren.

 

CHILE BRAUCHT HILFE – MACHEN WIR ALLE MIT WIE UND WO AUCH IMMER!!!

 

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