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Indien » Reisetipps

Kulturschock erwünscht: Zu Gast bei indischen Bauern

Von Frederic Spohr, dpa

Samode (dpa/tmn) - Strom fließt nur manchmal, und wer duschen möchte, muss sich unter einen Wasserhahn in einem Gartenschuppen zwängen. Die Toilette ist «Indian Style» - wo der Europäer eine Schüssel gewohnt ist, findet er nur ein dunkles Loch im Boden.


Wer bei der Familie Choudhary in dem nordwestindischen Dorf Samode absteigt, darf nicht zimperlich sein. «Explore Rural India» - entdecke das ländliche Indien - heißt das Projekt des indischen Tourismusministeriums und mehrerer Entwicklungsorganisationen.


Das Programm vermittelt westlichen Urlaubern Unterkünfte bei indischen Bauernfamilien. So soll auch die Provinz vom Tourismus profitieren. «Die Gäste lernen so das wahre indische Leben kennen», sagt Kamal Kishor von der Entwicklungsorganisation JKSMS in Jaipur. Samode, die Heimatstadt der Choudharys, liegt im Wüstenstaat Rajasthan - einer der rückständigsten und konservativsten Gegenden Indiens. Die Touristenmetropole Jaipur liegt nur etwa 40 Kilometer entfernt, doch ihr Einfluss ist in Samode kaum zu spüren.


Der Hof der Choudharys liegt am Rande Samodes. Ihn umgeben die Chili- und Tomatenfelder der Großfamilie. Vor dem Haus fressen die zehn Wasserbüffel und drei Kühe des Clans. Gleich nach der Begrüßung reicht Familienoberhaupt Jagdish Choudhary drei wichtige Utensilien: Streichhölzer, Kerze und Taschenlampe. «Entschuldigung, wir haben gerade etwas Probleme mit dem Strom», sagt er. Doch lange aufhalten möchte man sich in dem dunklen Gästezimmer sowieso nicht: Der Raum ist nur mit einem Bett und einen kleinem Tisch eingerichtet. An den Innenwänden krabbeln zwei Geckos auf und ab. «Keine Sorge, nicht gefährlich», sagt Choudhary.


Noch am selben Abend nimmt er den Gast mit zu einer Hochzeitsfeier. Die eigentliche Vermählung ist zwar erst zehn Tage später, doch in indischen Dörfern feiert man Hochzeiten ausgiebig. Im Haus des Bräutigams erhalten die Verwandten der Braut eine Kokosnuss. Das Öffnen der Nuss markiert den Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Während die Männer auf Stühlen Platz nehmen, müssen die Frauen während der Zeremonie auf dem Boden sitzen. «Das ist bei uns einfach so. Deswegen werden die Frauen nicht böse», sagt Choudhary.


Kamal Kishor versichert aber, dass für Frauen aus dem Westen derartige Regeln nicht gelten. Ein bisschen anpassen müsse man sich aber: Auf Zärtlichkeiten in der Öffentlichkeit sollten Gäste auf jeden Fall verzichten. Um den Kulturschock zu mildern, hat JKSMS die Gastfamilien auf die Touristen vorbereitet. «Die Familien wissen, dass die Gäste Privatsphäre mehr schätzen als Inder und andere Hygiene-Standards gewohnt sind», sagt Kishor. Besucher müssten sich um die Verträglichkeit des Essens aber nicht sorgen. Bei den Choudharys kann der Gast das Gemüse für seine Mahlzeiten selbst auf dem Feld ernten, auch die Milch und der Joghurt stammen vom Hof.


Auf ausführliche Gespräche während des Essens muss man unter Umständen verzichten. Gastgeber Choudhary kann zwar ein bisschen Englisch, ist aber nicht immer zu Hause. Padma Choudhary, die 85-Jährige Großmutter im Clan, hat trotz der Sprachbarrieren schon lustige Abende erlebt: «Mit einer jungen Dame aus Frankreich habe ich stundenlang geraucht und viel gelacht», sagt sie. «Wir haben uns einfach per Körpersprache unterhalten.»


Infos

Homestays in Indien Eine digitale Karte unter www.exploreruralindia.org zeigt Dörfer an, in denen sogenannte Homestays angeboten werden. Auf der Website finden sich auch Kontaktdaten der lokalen Entwicklungsorganisationen, über die man eine Unterkunft buchen kann.

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